Sheffield Wednesday FC

Man musste sich schon fragen, wer aus dem Management diese furchtbar originelle Idee gehabt hatte. Denn es war ja wirklich nicht gerade eine innovative Glanzleistung, in den herbstlichen Nieselregen von Sheffield einen Mann in einem Santa-Kostüm vor einen Getränkemarkt zu stellen, der ständig "Ho, ho, ho!" rufen sollte. Dabei schien er aber wahlweise eher "Whore, whore, whore!" zu skandieren und überdies Passanten und vermeintliche Falschparker mit Beleidigungen zu überziehen. Scheinbar war er zudem bereits gut bekannt mit dem Betreiber des Glühweinstandes, der seine Bude am späten Vormittag mit einer zünftigen Happy Hour eröffnet hatte. Jedenfalls konnte sich der wacklige Santa nur noch mühsam auf den Beinen halten und begann sogar damit, unschuldige Kinder mit Balisto-Keksriegeln zu bewerfen. Das sollte man unbedingt mal Herrn Utschkov mitteilen, der schließlich hier in diesem Etablissement als stellvertretender Filialleiter fungierte. Aber wo blieb das russische Irrlicht? Wir waren doch eigentlich für ein Interview verabredet, um über den Auftakt zum FA Cup zu fachsimpeln.

Den letzten Strohhalm konnte man in Sheffield ergreifen, indem man sich in der Gruppenphase des FA Cup mit zwei Heimsiegen wieder besser in die Spur bringen konnte. Doch natürlich bleibt das Rennen in Gruppe 3 verdammt eng, bis auf Millwall haben noch sämtliche Teams realistische Chancen auf das Erreichen des Viertelfinales. Und natürlich können die Londoner noch allen Rivalen beherzt in die Suppe spucken, womit für Coach Dimitry Utschkov höchste Vorsicht geboten ist. Aber natürlich zeigt sich der russische Coach einmal mehr von der Situation unbeeindruckt: "Druck ich haben nur nach Genuss von Chili-Eintopf von Cousine Ludmilla. Soll ich konkret berichten?" So genau werden es die Leser dieses Artikels vermutlich nicht wissen wollen. Bleibt also nur der Querverweis auf den nächsten Pokal-ZAT am kommenden Mittwoch, wo Liverpool und Millwall auf den Onkel warten. Und zum guten Schluss muss man in der Folgewoche noch zu Manchester United. Eine Gruppe, wie vom Teufel persönlich zusammengestellt.

So lautete zumindest der Kommentar von Wednesday-Coach Dimitry Utschkov zu den Aktivitäten von diversen Milliardären in Sachen kommerzielle Raumfahrt. Ob Sir Richard Branson, Jeff Bezos oder Elon Musk, alle waren sie dem russischen Lebemann zutiefst zuwider. Konnten die unsympathischen Egomanen nicht Sheffield mal einen halbwegs passablen Torhüter finanzieren oder wenigstens die FA dazu bewegen, den Pokalsieg per Dekret an den Club aus Mittelengland zu vergeben? Aber nein, auf die exzentrischen Spesenritter konnte man nicht zählen. Und so musste man sich einmal mehr selbst helfen, an einem Spieltag, an dem es noch das ein oder andere Hühnchen zu rupfen gab. Nach einem mäßigen Start in die Gruppenphase stehen für die Mannen von Coach Utschkov nun also zwei Heimspiele gegen die aussichtsreichsten Konkurrenten im Kampf um das Weiterkommen auf dem Zettel. Wenn hier die Punkteklasse nicht klingen sollte, darf man sich aber zumindest schon frühzeitig auf den Ligabetrieb fokussieren. Das muss ja auch nicht die schlechteste Variante sein.

Nicht gerade zimperlich geht die lokale Presse in Sheffield mit Trainer Dimitry Utschkov um, nachdem der Wednesday mit durchwachsenen Ergebnissen in die Gruppenphase des FA Cup gestartet war. Von "dämlicher TK-Verschwendung" oder "hirnrissiger Taktik" war dort zu lesen, denn schließlich hätte man das Torkontingent auch intelligenter einsetzen können. In den einschlägigen Tabloids unkt man bereits, dass es sich wohl noch rächen wird, dass man unnötige Reserven verschwendet hat. Doch wie nicht anders zu erwarten war, perlt die Kritik an Utschkov wie gewohnt locker ab: "Alles laufen nach Plan. Gegner sich wiegen in Sicherheit und dann - zack - schlagen zu wie Chamäleon wenn will fangen Hummer oder Heuschrecke. Was eigentlich fressen blöde Chamäleon? Und wieso mich erinnern Chamäleon an Mesut Özil? Egal. Botschaft an Schmierfinken von lokales Presse sein angekommen?"

Nachdem der laaaangweilige Ligapokal bereits beendet worden ist und wahrscheinlich in irgendeinem Vereinsheim im Keller in einer gläsernen Vitrine einstaubt, beginnt nun der einzig wahre Pokal. Die Rede ist an dieser Stelle natürlich vom FA Cup, der am kommenden Mittwoch mit der Gruppenphase endlich wieder seine Pforten öffnet. In Sheffield mag man bekanntlich die Vorrunden ganz gerne, während man eher mit den folgenden KO-Runden auf Kriegsfuss steht. Aber egal, jetzt ist jetzt. Und da startet Coach Dimitry Utschkov mit Sheffield Wednesday am kommenden Mittwoch in die Fünfergruppe. Auf dem Papier hat man nicht gerade ein leichtes Los erwischt, wobei der russische Misanthrop einmal mehr seine eigene Weltsicht kundtut: "Endlich große Losglück! Sein Pflicht die Weiterkommen als Gruppensieger. Können sich andere vier Teams prügeln um zweite Platz für Viertelfinale. Das sollen aber nicht sein unsere Problem, wer neben uns schaffen Sprung nach nächste Runde." Hoffentlich sehen das die Wettbewerber alle ähnlich.

"We're flying high, we're watching the world pass us by. Never want to come down..." ... "Jetzt doch mal machen Radio aus, Mrs. Rockstead. Kann die Onkel die Gedudel nicht ertragen, sondern muss sich ernsthaft konzentrieren!" Ungewohnte Anspannung auf der Geschäftsstelle von Sheffield Wednesday, wo Coach Dimitry Utschkov an der Taktik für das Viertelfinale im FA Cup feilte. Die dicke Losfee hatte für den Mittwoch das Team von Manchester City aus der Trommel gehievt, was auf dem Papier eine der angenehmeren Aufgaben zu sein schien. Aber die dicke und mißgünstige Losfee wäre natürlich nicht die dicke und mißgünstige Losfee, wenn sich dahinter nicht ein perfider Hintergedanke befinden würde. Und so grübelte Utschkov mit Stift und Papier am Katzentisch im Sekretariat, um sich erste Gedanken über die Strategie zu machen. Viel mehr als ein Arscho (Hintern mit Ohren) kam in der ersten halben Stunde angestrengter Überlegung allerdings nicht aus dem Übungsleiter heraus. Mit Sicherheit hatte man wieder mal den Ballerkönig mit Finalallergie gezogen. Nothing is alright tonight.

Während man bei Ipswich Town und in Middlesbrough vor den letzten Partien der Gruppe 3 ziemlich nackig um die Ecke kommt, kann sich der Onkel mit Sheffield Wednesday auf ein auskömmliches Rest-TK-Konto für den allerletzten Spieltag verlassen. Man muss es an dieser Stelle ja nicht spannender machen als es ist: Dank des knappen Auswärtserfolges in Ipswich und des 6:6-Unentschiedens der nunmehr gerupften Hühner ist Sheffield der Sprung ins Viertelfinale nicht mehr zu nehmen. Darauf wird man im Hause Utschkov sicherlich stilecht mit einem weißrussischen Dosenbier anstoßen. Wer den Wednesday in die nächste Runde begleitet, steht noch nicht ganz fest. Allerdings ist klar, dass das Weiterkommen des Wegbegleiters ins Viertelfinale nicht von Gottes Gnaden abhängt, sondern von keinem Geringeren als Andi von Hideta. Dieser darf sich aussuchen, ob es Pizza Quattro Finali geben wird, oder ob die lange Unterhose sich nicht doch vielleicht noch auf dem Zahnfleisch ins Ziel mogelt. Vermutlich auch mal ganz schön, wenn man wie einst Cäsar den Daumen heben oder senken darf.

Tja, da haben sich der FC Middlesbrough und Huddersfield in Gruppe 3 doch tatsächlich in die beste Ausgangsposition der Vorrunde des Pokals befördert. Für den Onkel aus Sheffield wird es dagegen schwer, da man von den letzten drei Begegnungen noch zweimal in der Fremde antreten muss. So scheint es also so, dass man bei Wednesday sich in 14 Tagen voll und ganz auf den Ligabetrieb wird fokussieren können. Dann hätte Coach Dimitry Utschkov immerhin mehr Zeit, um seinen Balkon im vierten Stock eines Plattenbaus an der Eddie-Edwards-Street ein bisschen mehr in Richtung Frühling vorzubereiten. Wobei das ja eigentlich immer relativ schnell geht: Leere Bierkisten runter vom Balkon, volle Bierkisten abgestellt, Elektrogrill rausgeschoben... fertig. Für so weibische Dinge wie Kübelpflanzen oder eine verzierte Gartenbank hatte ein echter Russe ohnehin keine Antennen, da reichte der plumpe Holzstuhl mit Armlehne. Es war wirklich an der Zeit, diesen heiligen Ort endlich zum Leuchten zu bringen. Aber vorher zählt es noch einmal im FA Cup, und dort zählt nun wirklich alles, damit die "grabbing hands" aus Middlesbrough nicht "grab all they can, all for themselves, after all". Es ist eine kompetitive Welt.

Menschen sind Menschen. Und Trainer sind Trainer. Und Trainer sind gelegentlich auch nur Menschen. Zumindest im erweiterten Sinne, denn bei so manchem Setzverhalten würde sich Charles Darwin im Grabe umdrehen. Das gilt natürlich nicht für die Gruppe 3 in der Vorrunde des FA Cups, in der sich allesamt kluge Köpfe und eiskalte Strategen befinden. Das war halt schon ein bisschen Pech für Dimitry Utschkov und Sheffield Wednesday, dass der FC Southampton und Derby County von der dicken Losfee in die Parallelgruppen gespült worden waren. Überdies war es natürlich eine Frechheit, dass man gegen den Meister, den Abo-Champions-League-Sieger und einen Trainer antreten musste, der schon in Russland den Armeeclub ZSKA zu Ruhm und Ehre geführt hatte. Alles zwar nur Menschen, aber keine, die man sich in der eigenen Gruppe gewünscht hatte. Vielleicht hätte Onkel Dimitry nicht vor einigen Jahren mit der hübschen und schlanken Schwester der dicken Losfee durchbrennen sollen. Die Rache in Form von undankbaren Aufgaben folgt jedes Jahr auf dem Fuße. So sind sie halt, die Menschen. Nachtragend bis zum Lebensende. Help me understand.

Während die Konkurrenz im FA Cup mit unentspannter Verbissenheit über ein mögliches Weiterkommen sinniert, sieht man das Ganze bei Sheffield Wednesday mit russischer Gelassenheit. Denn am Ende des Tages ist es ja nun einmal so, dass statistisch gesehen 60% der Teams im Pokal in der Vorrunde ausscheiden müssen. Warum also nicht auch das Eigene? Diese Gewissheit führt bei Onkel Dimitry zu einer lässigen Entspanntheit, die im Land der 100.000 Unterhosen augenscheinlich nicht existiert. "Immer dieses Druck. Immer müssen gewinnen. Wie langweilig! Ruhig einmal schenken ab Match gegen mittelloses Mannschaft aus Mittelengland. Das sein wahres Coolness und geben 14 Karmapunkte für Erreichen für Ewiges Jagdgründe mit CD von Nirvana." Und während sich Übungsleiter Utschkov zum Chillen in die Wellness-Area des Lounge-Bereiches von Club Chez Monique zu Pilates-Übungen mit Valentina und Danuta zurückzog, bastelten die Rivalen gemeinsam mit externen Beratern an der Taktik für Mittwoch. Wie gut, dass man in Sheffield über dieses Stadium des Bewusstseins längst hinaus ist.