Sheffield Wednesday FC

Endlich wieder FA Cup, so schallt es durch ganz England. Durch ganz England? Nein, eine häßliche Großstadt mit starker Snooker-Affinität und gut frequentierten Getränkemärkten tanzt aus der Reihe. Denn in Sheffield mag man in persona von Wednesday-Trainer Dimitry Utschkov keine Mehrarbeit in Form von zusätzlichen Wettbewerben. Reichen nicht 38 Spieltage völlig aus, um Körper und Geist an ihre jeweiligen Grenzen zu bringen? Aber nein, es muss natürlich auch noch einen uralten Pott geben, den man nur unter Aufwand von Blut, Schweiß und Tränen erringen kann. Das ist natürlich so gar nicht nach dem Geschmack von Onkel Dimitry Utschkov, der sich lieber hinter das Steuer seines blauen Bonanzarades (mit Fuchsschwanz) klammert, um seine karge Freizeit jenseits des Trainingsgeländes zu verbringen. Sollen sich doch die vereinseigenen Paladine, Schergen, Lakaien und Vasallen um die Vorbereitung der Spiele im FA Cup kümmern. Das sind freudlose Tätigkeiten, die einem echten Easy Rider nun wirklich nicht zuzumuten sind.

Schon mit der Auslosung stand der FA Cup in dieser Saison unter einem schlechten Stern. Erst ein Haufen Auswärtsspiele, dann der Unterhosenmann und als Konsequenz nur ein lausiger Punkt aus vier Spielen. Insofern wird Coach Dimitry Utschkov die Mehrbelastung bald vom Hals haben, so dass er sich weiter um den Ligabetrieb und um die Karriere im heimischen Einzelhandel kümmern kann. Dort steht bekanntlich das wichtige Weihnachtsgeschäft auf dem Programm, welches traditionell einen bedeutenden Deckungsbeitrag in die Kassen spült. In diesem Jahr trifft man Onkel Dimitry häufiger auf dem Parkplatz der TrinkGut-Filiale Sheffield Süd an, wo er mit einem Glühweinstand die schlechte nordenglische Laune verbessern möchte. Interessanterweise scheint es so zu sein, dass ab dem Nachmittag für potenzielle Kunden zumeist nur ein lautstarkes "Nix mehr da! Musst Du stehen früher auf! Hicks..." zu hören ist. Und nach Geschäftsschluss kann man dann ein Bonanzarad antreffen, welches sich in Schlangenlinien auf den Rückweg in die Eddie-Edwards-Street begibt. Wer braucht da eigentlich noch einen schnöden Pokal?

Da steht er nun also schon vor der Tür, der Dezember. Nur noch vier Wochen also, bis das fabelhafte Jahr 2020 endlich in den Orkus der Geschichte wandert. Für Wednesday-Coach Dimitry Utschkov erwies sich der Adventssonntag als der Moment, in dem er konsterniert feststellen musste, dass er sich noch keinen Adventskalender beschafft hat. Dabei war in der TrinkGut-Filiale Sheffield Süd die Variante mit 24 Türchen mit günstigen osteuropäischen Bierspezialitäten doch der absolute Renner gewesen. Aber nun war dieses wunderbare Premiumprodukt restlos ausverkauft und Onkel Dimitry sass sinnierend in seiner Wohnung in einem Plattenbau an der Eddie-Edwards-Street. Draußen war nur das übliche Gezeter von betrunkenen Hausfrauen und Jugendlichen auf Amphetamin zu hören, während sich langsam die Dämmerung über das graue Sheffield schob. Immerhin konnte der Übungsleiter von Wednesday in einer hinteren Ecke eines Wohnzimmerschrankes noch eine moosgrüne Kerze finden. Und so brennt nun im dritten Stock ein kleines Licht in die schäbige Dunkelheit. Hoffentlich ruft kein Nachbar die Feuerwehr, denn woher sollte das Proletariat in den gammeligen Apartments der Straße auch wissen, dass heute der erste Advent ist?

Während sich die Liga weiterhin im Wachkoma befindet, geht es nun also im FA Cup mit der Gruppenphase weiter. Für Sheffield Wednesday und Trainer Dimitry Utschkov eine ungewohnt arbeitsarme Zeit, da nur ein einziges Match (und das auch noch bei Manchester City) auf dem Zettel steht. Da sich der Mittwoch frühzeitig aus dem Europapokal verabschiedet hat, bleibt also mehr Zeit, sich um die Geschäft im beliebtesten Getränkemarkt von ganz Nordengland zu kümmern. Glücklicherweise sind im Land von Boris Johnson bekanntermaßen Krankenhäuser und TrinkGut-Filialen die letzten Bastionen von überragendem nationalen Interesse, so dass kein Lockdown zu befürchten ist. Der spitzfindige Leser (wobei es schon spitzfindig ist, überhaupt davon auszugehen, dass es hier noch Leser gibt) könnte anmerken, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Betrieb von Sprittiläden und Hospitälern geben könnte. Aber natürlich hat es der Coronavirus nicht geschafft, ein derartiges Naturgesetz auszuhebeln. Das wäre ja noch schöner. Und so döst England mit dem Sedativum aus der Apotheke und dem Selbstgebrannten von Tante Swetlana einer weiteren tristen Abenddämmerung entgegen. So ist das halt in der Schönen Neuen Welt.

Was haben der Meister, der Vizemeister, der Tabellenführer und der Angstgegner von Sheffield Wednesday gemeinsam? Nun, sie alle eint, dass sie in der Vorrunde in Gruppe 1 die Gegner von Dimitry Utschkov und seinen Mannen sein werden. Hatte die dicke und häßliche Losfee also einmal mehr erbarmungslos zugeschlagen, zumal man in Sheffield an den ersten beiden ZAT vergeblich nach einem Heimspiel Ausschau hielt? Viel schlimmer und anspruchsvoller konnte es eigentlich kaum kommen, doch nach guten Absatzzahlen der TrinkGut-Filiale Sheffield Süd hatte Onkel Dimitry ausnehmend gute Laune: "Kann man sagen endlich mal sprechen aus mit reine Gewissen große Dank an fettes Dame, die mit Wurstfinger haben gezogen Lose aus Trommel. Dürfen sich Fans schon jetzt freuen auf packende Duelle in Viertelfinale. Sein ja klar wie Brühe von Klößen, dass wir und Tottenham schaffen die Sprung in nächste Runde. Natürlich Situation bisschen schade für andere Mannschaften, aber geben wieder neues Chance in kommendes Saison. Sa sdorowje!"

Natürlich war die dicke Losfee einmal mehr ungnädig. Vermutlich wäre Sheffield-Coach Dimitry Utschkov mit seinem Bonanzarad besser an der Pfütze vorbeigefahren, statt die zufällig vorbeilaufende Dame mit Schmutzwasser zu bespritzen. So groß der Spaß für den russischen Lebemann auch war, so bitter war in der Folge die Rache der etwas derangierten Losfee. Denn statt eines abgekämpften Rivalen muss sich Sheffield Wednesday nun mit dem ausgeruhten Titelfavorit und League-Cup-Champion Tottenham Hotspur auseinandersetzen. Entgleiste Gesichter allenthalben in Sheffield, wo man sich einen der beiden anderen möglichen Gegner gewünscht hätte. Nur Coach Dimitry Utschkov hatte einmal mehr seine eigene Meinung zum kommenden Rivalen: "Finden Los diesmal eigentlich ganz gut. Hat die Onkel nämlich in gesamtes Karriere noch niemals verloren eine Spiel gegen Tottenham. Da sein Sprung nach Halbfinale schon so gut wie geritzt." Sprach es und brauste mit seinem Bonanzarad wieder zurück zum Trainingsgelände von Wednesday.

Der FA Cup und der Onkel, das werden in dieser Spielzeit wohl nicht mehr die allerdicksten Freunde. Nach einer unerwarteten Heimpleite herrschte bei Sheffield-Coach Dimitry Utschkov große Ratlosigkeit: "Hatten nicht gerechnet mit Lord Grünkern und West Mumpitz Albion. Aber wie sagen immer alter Kumpel von mir, der großes Lebemann: Lebbe gehen weiter, solange Oxsana aus Club Chez Monique bringen kleine Onkel schnell wieder in Form. Das sowieso sein besser als komische Blumenvase, die hier in England sein in die Verlosung für Titelgewinn." Und so wird man bei Wednesday die Pokalsaison noch relativ ambitionslos herunterspielen und sich auf den Betrieb in der Liga konzentrieren. Vielleicht hat man dann im nächsten Jahr ja eine passendere Strategie zur Hand, um nicht erneut sang- und klanglos in diesem Traditionswettbewerb unterzugehen.

Ein bisschen im Toten Winkel verläuft die Saison im FA Cup für Sheffield Wednesday und Trainer Dimitry Utschkov. Da man als Aufsteiger in erster Linie dem Klassenerhalt seine volle Aufmerksamkeit widmet, gerät der Pokal in Sachen Relevanz ein wenig ins Hintertreffen. So erscheint es dann auch kein Zufall, dass sich Wednesday sich dort bis dato eher uninspiriert präsentiert und in seiner Vorrundengruppe nur den letzten Platz einnimmt. In Polen hat Coach Utschkov überdies gelernt, dass im nationalen Cup viel Arbeit nicht unbedingt mit entsprechendem Ertrag einhergehen müssen. Insofern erscheint es wenig verwunderlich, dass man in Sheffield dem zweiten Wettbewerb kaum eines Blickes würdigt. Viel wichtiger ist doch, dass man den komfortablen Vorsprung gegenüber den Abstiegsrängen in der Liga sicher ins Ziel bringt. Alles andere ist nebensächlich, zumindest in dieser Saison.

Nun also FA Cup, was bei Sheffield-Coach Dimitry Utschkov zunächst für einige Verwirrung sorgte: "Nanu? Was sein das? Kann man dort gewinnen Seife oder Duschgel?" Nein, denn statt Hygieneartikel geht es um einen der ältesten und renommiertesten Pokale in der Historie des Fußballs. Einen vom englischen Verband ausgerichteten Traditionswettbewerb, der schon im Jahre 1872 seinen ersten Sieger fand. Doch irgendwie war der russische Coach noch immer nicht ganz überzeugt: "Mag sein, dass Pokal noch älter als Methusalem und Unterhose von Boris Johnson, aber dennoch nicht ganz verstehen der Onkel ganze Tamtam. Sein schließlich lästiges Mehrarbeit mit vieles Spiele in Gruppenphase und anschließendes Lotterie. Kann man sich nicht lassen beurlauben von Wettbewerb und konzentrieren auf Liga?" Und während Dimitry Utschkov die Regularien des Verbands hinsichtlich Beurlaubung überprüfte, schauten die anwesenden Pressevertreter irritiert auf das Podium. Doch der russische Coach ließ sich davon wenig beeindrucken: "Nicht gucken so doof! Die Onkel müssen arbeiten!"